Integrität bedeutet, dass wir unser Handeln durch unsere Werte bestimmen. Manchmal ist das leichter gesagt als getan. Wenn Ehrlichkeit für uns wichtig und richtig ist, dann lügen wir nicht. Trotzdem sind wir nicht immer so aufrichtig, wie wir eigentlich sein wollen. Wir lassen uns oft von Äußerlichkeiten und von unserem Ego steuern – den Erwartungen im Job, dem Konkurrenzkampf mit dem Kollegen, von Familie oder Prominenz. Wir wollen es anderen eher recht machen oder ihnen imponieren als uns selber. Wir wollen dabei sein und dazugehören. Auch das dicke Auto fahren. Auch die fette Kohle machen. Und werfen dabei unsere Werte spontan über Bord.
Eine erste Herausforderung liegt darin, sich selbst bewusst zu machen, für welche Werte man eigentlich stehen möchte. Finde ich Freiheit wichtig? Ehrlichkeit? Mitgefühl? Betrachten wir mal unsere Vorbilder oder Leute die wir beneiden (ja, wir alle tun das): Bewundern oder beneiden wir jemanden, weil er Geld hat, in jeder Ausgabe der Gala ist oder eine große Firma hat? Oder bewundern wir diese Leute für ihre Werte, die sie vertreten – weil sie immer ehrlich und aufrichtig sind oder weil sie immer frei handeln? Das ist doch das bewundernswerte – wenn Menschen ihren Werten und sich selbst treu sind. Denn das bedeutet Integrität: sich selbst treu zu sein. Das, was man für richtig hält, auch dann zu tun, wenn keiner hinschaut. So hat C.S. Lewis Integrität definiert.
Leider lassen einen in manchen Kreisen Werte verwundert die Stirn runzeln. Wie kann es sein – Beispiel Uli Hoeneß –, dass jemand einerseits großzügig spendet und andererseits Steuern hinterzieht? Ein klassisches Beispiel kognitiver Dissonanz. Wenn das Handeln nicht mit dem Denken übereinstimmt. Wenn ich weiß, was richtig wäre und trotzdem was anderes tue. Studien belegen, dass das gerne durch Gruppenzwang geschieht. Wenn wir drüber nachdenken, machen wir es alle mal: Jeder von uns hat doch schon mal 5 gerade sein lassen. Das eine macht das andere nicht richtig. Mal abgesehen von dem Schaden, der entsteht, betrügen wir uns damit selber. Und das stresst.
Im Yoga können wir diese Kraft wieder in uns wecken. Integrität schaffen wir im Körper indem wir unsere Muskeln aktivieren und unsere Kraft nach Innen ziehen. Das gibt Stabilität und Sicherheit, die wir für uns brauchen. Und dann können wir aus dieser Stabilität Raum schaffen, weiter und größer werden. Das gibt uns das Gefühl von Freiheit, Offenheit, Ehrlichkeit. Beobachte, wo Deine Aufmerksamkeit hingeht – folgt sie Deinen Augen wo Du hinschaust oder kannst Du trotzdem Aufmerksamkeit nach Innen halten? Vergisst Du Deine Werte sobald Du ein Ziel vor Augen hast?
Ein großer Teil der Integrität kommt aus dem Herzen und aus dem Bauch. Nicht umsonst sagt uns in der Regel als erstes das Bauchgefühl, wenn wir etwas für eine dumme Idee halten. Der Kopf versucht es zu rationalisieren, aber wenn das Herz nicht dabei ist, kann es nicht gut enden. Es fällt uns nicht so sehr auf, wenn wir mal eine kleine Ausnahme machen. Es fällt uns aber um so mehr auf, wenn wir diese Ausnahme nicht machen. Wenn wir für unsere Werte einstehen. Tu ich das richtige? Denn es fühlt sich gut an, zu wissen wofür man steht und das richtige zu tun.
Und wer sich nicht sicher ist, was das richtige ist, kann sich statt dessen auch fragen, was Brian Boitano tun würde. Funktioniert auch. Naja… meistens.